Die Inszenierung – Messen neudenken!
Eine Messe wie eine Bühne samt Inszenierung zu begreifen und zu nutzen, fällt vielen mittelständischen Fertigungsunternehmen oft schwer. Das Vertrauen in die eigenen Produkte und Dienstleistungen ist zwar groß, aber zu einem Messeerfolg gehört mehr als ein schöner Messestand. Die B2B-Messe braucht wie das erfolgreiche Stück auf der Bühne ein spannendes Drehbuch, die erfahrene Regie, ein interessantes Bühnenbild, eine durchdachte und auf das Publikum abgestimmte Dramaturgie und natürlich motivierte Schauspieler. Messen werden dann zu einem erfolgsversprechenden Marketing- und Vertriebsinstrument, wenn das Publikum, die Interessenten und Kunden, im Mittelpunkt der „Inszenierung“ stehen. Basis für den Erfolg einer Messe bilden die Botschaften des Unternehmens und die konsequent durchdachte Kommunikation vor, während und nach der Messe, mit denen neue Produkte und Dienstleistungen präsentiert werden. Der folgende Regieplan greift einige Anweisungen für B2B-Messen heraus.
“Bringt die Messe auch was?”
Diese Frage steht häufig am Anfang aller Überlegungen und es wird versucht einzuschätzen, wo der Mehrwert gegenüber den möglichen Kosten liegt. Hier kann die Analyse der Messe über die Datenbank der AUMA (Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V.) www.AUMA.de zu Branchenbesuchern und relevanten Entscheidungsträgern helfen. Die Einschätzungen der IHK oder von Branchen- und Berufsverbänden zur Messe geben ebenfalls Hilfestellung. Ein weiteres Indiz ist die starke Präsenz des Wettbewerbs auf der Messe. Die Messe als Besucher gesehen zu haben, bringt ebenfalls Vorteile für die eigene Inszenierung. Wenn die Aussteller der Messe gleichzeitig auch zur Zielgruppe gehören, sind zusätzliche Chancen für den Vertriebserfolg gegeben.
Für Messen, die zum ersten Mal als Aussteller besucht werden, sollte der MesseNutzenCheck (MNC) der AUMA genutzt werden. In diesem werden die Kosten der Messe mit den Aufwendungen verglichen, die beim Einsatz von herkömmlichen Marketinginstrumenten für die gleichen Ziele entstehen würden. Ausprobieren lohnt sich!
Ziele setzen – aber bitte smart!
SMART(e) Messeziele sollten die folgenden Kriterien erfüllen:
- S – Spezifisch
- M – Messbar
- A – Akzeptiert
- R – Realistisch
- T – Terminiert
Ein allgemeines „wir wollen Neukunden gewinnen“ wird wohl kaum von Erfolg gekrönt sein.
Ist die Entscheidung für die Messe gefallen, gibt es präzise Ziele festzulegen. Innerhalb der vier Zielkategorien Vertrieb, Präsentation, Kommunikation und Marktbewertung werden die wesentlichen Themen ausgewählt und mit Kennzahlen beschrieben. Natürlich steht der Vertrieb mit der Gewinnung von Kontakten und Neukunden, Cross-Selling (Querverkauf), Bestandskundenpflege, Aktivierung von Altkunden oder Erschließung neuer Absatzmärkte und Zielgruppen ganz oben.
Mit konkreten quantifizierten Zielen, zum Beispiel »Gewinnung von 40 Neukontakten mit dem Bedarf X aus der Region Y und einer Unternehmensgröße Z« oder »Besuch von 20 inaktiven Altkunden mit dem Produkt A, die innerhalb der Zeit B das neue Produkt C benötigen« wird der Messeplan für alle zur Motivation.
Maßnahmen zur Kontaktgewinnung sind immer dann erfolgreich, wenn Messen als integratives Element in einem System von Marketinginstrumenten gesehen werden. Es gilt:
Messeziele + Maßnahmen + Kontrolle = Erfolg
Botschaften gestalten
Besucher bleiben dort stehen, wo Nutzenversprechen mit emotionaler Ansprache einhergehen. Die konkreten Messethemen in Verbindung mit den Unternehmensbotschaften bilden die Grundlage für eine interessante Messekommunikation. Hier ist Kreativität und Einfühlungsvermögen in die Besuchersicht gefragt.
Es gilt das Prinzip: Der Köder muss den Fischen (Besucher) schmecken, nicht dem Angler (Aussteller). Fachbesucher verfolgen Ziele, die ihnen Nutzen bringen. Die meisten möchten Informationen zu Neuheiten und Trends, suchen den Erfahrungs- und Informationsaustausch oder verfolgen Weiterbildungsziele. Der Aufmacher mit Slogan für die Messe hat Ankerfunktion für die gesamte Kommunikation, vom Mailing über die Pressemeldung bis zur Standgestaltung. Er trägt das Unternehmen authentisch durch die Marketingaktion und sollte keine „Eintagsfliege“ sein.
Das Label »New« auf Produkten, Anwendungen, Kundenreferenzen und Fachvorträgen weckt Interesse. Nicht ratsam ist, sein gesamtes Portfolio nach dem Gießkannenprinzip zu kommunizieren. Wenn der Aufmacher sitzt, geht auch die Kommunikation während und nach der Messe viel flüssiger. Die integrative Anwendung von Newsletter, Direktansprache, Reminder, Website, Signaturen, Medienarbeit und Kommunikation in sozialen Netzwerken sorgt für einen gut besuchten Stand mit werthaltigen Kontakten
Gäste einladen
Ob Einladungen per Post, E‑Mail, Social Media Netzwerken mit oder ohne Anlagen versandt werden, ist von der ggf. auch unterschiedlichen Zielgruppenstruktur für einen Messe und natürlich den Zielen abhängig. Das A und O ist die Auswahl von geeigneten Möglichkeiten der terminierten, inhaltlichen Rückmeldung. Und natürlich gehört auch die motivierte professionelle Nachtelefonie der „Prio A“-Kunden dazu. Wer meint, das ist kein Instrument im B2B mehr, hat es meist noch nie oder nur halbherzig mit nicht geschulten Mitarbeitern probiert. Nicht zu vergessen ist neben Kunden und Interessenten auch die Ansprache weiterer Zielgruppen, wie ehemaligen Kunden, Partnern und Resellern, weiteren Ausstellern, die ggf. Potenzial zur Zusammenarbeit besitzen, Fachmedien und Multiplikatoren aus Vereinen und Wirtschafts- und Berufsverbänden.
Besucher fesseln
Kommunikation ist nicht das, was man sagt, schreibt oder präsentiert, sondern das, was von Ihren Botschaften beim Messebesucher ankommt. Da macht Übung den Meister. Das Training vom Smalltalk bis zum verbindlichen Abschluss des Vertriebsgesprächs bringt dem Messeteam Sicherheit. Nutzenbrücken vom Produkt zum Interessenten schaffen vertrieblichen Mehrwert. Den Besucher interessiert, wie er ein in seinem Unternehmen bestehendes Problem lösen kann. Wenn dazu Ihr Produkt potenziell geeignet ist, genügt es nicht mit den üblichen oft phrasenhaften Argumenten das Messegespräch aufzubauen. Vielmehr gilt es, Ihre Stärken flexibel auf die Ansprüche des Interessenten zu adaptieren.
Alle relevanten Informationen der Kommunikation mit Kunden und Interessenten werden dann im Messekontaktblatt/Lead detailliert erfasst. Je akribischer dieses Dokument vorbereitet ist und von den Mitarbeitern ausgefüllt wird, umso besser kann der Wert der Besucher gemessen und schließlich in der Nacharbeit das Ziel erreicht werden. Dokumentiert werden diese Antworten auf entscheidende Vertriebsfragen, aus denen die Bedarfseinstufung und das weitere Vorgehen abgeleitet werden, dann digital in einem Kundenmanagementsystem. Wesentliche Inhalte des Messekontaktblatts sind:
- Kontaktdaten Kunde (Visitenkarte)
- Gesprächspartner intern
- Datum des Besuchs
- Besuchszweck (konkretes Produktinteresse etc.)
- Kundenstatus (Interessent, Bekannter, Bestandskunde)
- Notizen aus der messespezifischen Bedarfsanalyse, Applikationsdaten
- Kauf- und Entscheidungsmotive
- Entscheider
- Zeitfenster für die Entscheidung
- Budget
- „Beziehungsinformationen“
- Getroffene Vereinbarungen
- Folgende Handlungsschritte
- Messenachbereitung – Prioritätseinstufung
Ein Kundenbeziehungsmanagementsystem leistet professionelle Unterstützung in der Nacharbeit der Kontakte. So geht kein Nachfragetermin im Innendienst mehr verloren, Aufgaben zum Unterlagenversand und zur Vereinbarung des nächsten Termins können delegiert werden. Jeder Mitarbeiter kann bei einem Anruf Auskunft zum Stand der Nacharbeit geben.
Vorteile von Customer Relationship Management Systemen (CRM) im Messegeschäft sind:
- Kundenzentrierte Ausrichtung der Strategie
- Effizienz: Strukturierte und vernetzte Arbeitsabläufe in Vertrieb, Marketing und Service bis zur Geschäftsführung
- Flexibilität: Orts- und zeitunabhängiger Zugriff auf alle Kundendaten mit Auftragshistorie
- Aktualität: Zentrale Verwaltung aller Daten, keine redundante Datenhaltung
- Zeiteinsparung: Wettbewerbsvorteil durch schnelle und intelligente Informationsbeschaffung
- Systematischer Aufbau und Pflege von langfristigen Kundenbeziehungen
- Kundenorientierte Ausrichtung aller internen und externen Kommunikationsprozesse
Die konsequente und disziplinierte Nacharbeit ist die Brücke zum Return on Investment (ROI) der Messe.
Messen messen
Die entscheidende Frage kommt dann zum Schluss in der Vertriebsberatung: Was hat das alles nun gebracht? Die Ausgaben für die Messe schlagen in der Regel mit 50 Prozent für die Fläche und den Standbau und noch einmal 50 Prozent für die Personalkosten, die Übernachtung und alle weiteren Kosten zu Buche.
Somit können mit der Kenntnis der Flächenmiete einfach alle anderen Kosten überschlagen werden und man erhält zuzüglich der eigenen Personalkosten für die Messerealisierung eine Gesamthochrechnung aller Kosten für das Unternehmen. Diese Methodik erlaubt nicht nur eine vorausschauende Kostentransparenz, sondern ermöglicht auch die Ziele für jeden Standbetreuer/Vertriebsmitarbeiter realistisch festzulegen.
Wer dann den Aufwand pro qualifizierten Besucher ermittelt, wird schnell zur Überzeugung kommen, wie günstig ein Messeauftritt im Vergleich zu anderen Vertriebs- und Marketingmaßnahmen ist. Noch mehr Transparenz für die Einschätzung bietet die Nachverfolgung der Kontakte im Auftragseingang. Das Erreichen der gesetzten Kennzahl ist so der Gradmesser für die nächste Messeentscheidung und lässt den langfristigen Vergleich zwischen unterschiedlichen Messen zu.
Checklisten zur Messekommunikation gibt’s bei P3N!